Cannabis als Medizin wird zu Recht wieder gefragter in unserer modernen Gesellschaft. Viele Patienten stehen aber nach der großen Aufgabe herauszufinden was gegen ihre Symptome hilft vor einer noch größeren Herausforderung. Und zwar diese Medizin auch wirklich verschrieben und anschließend die Kosten von ihrer Krankenkasse bezahlt zu bekommen. Doch wie bekomme ich Cannabis auf Rezept? Welche Krankheiten werden von der Krankenkasse übernommen? Antworten auf diese Fragen finden Sie in folgendem Artikel.
Zwar ist seit 2017 die Abgabe von medizinischen Cannabisblüten bzw. Medikamenten auf Basis von Cannabis durch Ärzte erlaubt. Jedoch müssen hier laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung „schwerwiegende“ Krankheiten vorliegen. Was eine schwerwiegende Krankheit genau definiert wird allerdings im Gesetz nicht näher erläutert.
Der Anspruch auf Versorgung mit Cannabis gilt nur, wenn
1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
nicht zur Verfügung steht oder
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Arztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Patienten nicht angewendet werden kann
2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder
auf schwerwiegende Symptome besteht.¹
Das bedeutet das Cannabis primär nur eingesetzt werden darf, wenn die Standardtherapie fehlschlägt.
Meinung der Redaktion
Dies widerspricht jedoch in vielerlei Hinsicht dem Nutzen der Pflanze. Der große Vorteil von Cannabis ist das Wirkspektrum. Das bedeutet viele verschiedene Krankheitssymptome können auf einmal behandelt werden. Im Gegensatz dazu steht eine breite Palette an Medikamenten für jedes einzelne Symptom einzusetzen. Dies birgt jedoch Gefahren von vermehrten Wechselwirkungen und Nebenwirkungen durch die eingesetzten Medikamente.
Zu Verdeutlichung hier ein Beispiel. Ein Standard Krebspatient erhält neben seiner Chemotherapie ein Mittel gegen Übelkeit, ein Mittel für Appetit, ein Schlafmittel und ein Schmerzmittel. Nun haben wir allein vier Medikamente neben den Chemotherapeutika, die alle unterschiedlichste Wirkmechanismen und demnach auch unterschiedliche Nebenwirkungen mit sich bringen. Von den Wechselwirkungen untereinander mal abgesehen.
Dies soll nicht bedeuten das Cannabis hier in allen Lagen überlegen ist. Im speziellen sind oft die Standardmedikamente in ihrer Wirksamkeit dem Cannabispräparat überlegen. Jedoch kann durch das große Wirkspektrum die Menge an benötigtem Standardmedikament und damit die Nebenwirkungen gesenkt werden. Es kann auch sein das in manchen Bereichen, die Cannabistherapie ausreicht und keine weitere Gabe von Medikamenten notwendig wird. Da jeder Mensch verschieden auf die Tumorerkrankung und die Chemotherapie reagiert ist eine eskalative Strategie, d.h. eine Strategie bei der bei Bedarf immer stärkere Medikamente verwendet werden, sinnvoll. Warum dies nun bei Cannabismedikamenten nicht der Fall ist erschließt sich uns nicht.
Prinzipiell kann jeder Haus- bzw. Facharzt in Deutschland mit Ausnahme von Zahn- und Veterinärärzten Cannabis als Medikament verschreiben.² Das Problem ist jedoch das viele Ärzte keine große Erfahrung mit Cannabismedikamenten vorzuweisen haben. Außerdem sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Cannabis nicht ideal. Diese beiden Faktoren beeinflussen sich gegenseitig negativ. Wir empfehlen daher primär mit dem Haus- bzw. Facharzt ihrer Wahl in Kontakt zu treten. Falls dies zu keinem Ergebnis führt gibt es verschiedene Ärzte in Deutschland, die sich auf den medizinischen Einsatz von Cannabis spezialisiert haben.
Prinzipiell sollte nach der aktuellen Gesetzeslage eine Ablehnung der Therapie mit Cannabis nur durch „begründete Ausnahmefälle“ erfolgen. Die Krankenkasse berufen sich zumeist hier auf die aktuell gesicherte Studienlage und lässt den Einzelfall von ihrem medizinischen Dienst prüfen. Dies sollte maximal drei Wochen in Anspruch nehmen. Laut Techniker Krankenkasse beläuft sich die Ablehnungsquote derzeit auf ca. 40%. Als Gründe für die Ablehnung werden hier eine zu banale Diagnosestellung für eine Cannabistherapie, unzureichende Ausschöpfung bestehender Therapie-Alternativen und unvollständig ausgefüllte Anträge genannt. Durch die aktuelle Rechtsprechung sind hier die Möglichkeiten der Krankenkassen stark begrenzt. Ebenfalls gilt dies für gesündere Applikationswege von Cannabis, wie Vaporizer (Verdampfer). Hier kann eine Kostenübernahme nur Erfolgen, wenn zuvor eine Therapie mit Cannabisblüten genehmigt wurde.⁴
Denkbare zu behandelnde Symptome oder Krankheiten wären:
chronische Schmerzen
Spastizität bei Multipler Sklerose und Paraplegie
Epilepsie
Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie
Appetitsteigerung bei HIV/AIDS.
Mögliche aber seltener übernommene Symptome oder Krankheiten:
Angststörungen
Schlafstörungen
Tourette-Syndrom und ADHS
Zu den möglichen Übernahmen gibt es zu wenig Studien weshalb die Krankenkasse sich von einer Wirksamkeit des Medikaments teilweise unsicher ist.²⁻⁴
Meinung der Redaktion:
Interessanterweise wurde von genau diesen Krankenkassen über Jahre homöopathische Medizin bezahlt – eine Medizin ohne Wirkungsnachweis. Wir verstehen das die aktuelle Gesetzeslage die Übernahme der Kosten erschwert, jedoch ist der hohe Prozentsatz der Ablehnung von Medizinal-Cannabis damit keineswegs gerechtfertigt.
Aktuell sind drei Medikamente auf Cannabisbasis neben den eigentlichen Cannabisblüten und -extrakten in Deutschland zugelassen.
Im Grunde dürfen nicht mehr wie 100 Gram Cannabisblüten oder 1 Gram Cannabisextrakt pro 30 Tage verschrieben werden.⁴
Eine Therapie mit Cannabisblüten ist hier mit Abstand die teuerste Option für Patienten mit Kosten von 300 bis 2200 Euro im Monat. Cannabismedikamente sind dementsprechend weniger kostenintensiv. Dronabinol beispielsweise würde 70 bis 300 Euro im Monat an Kosten bedeuten.⁴
Rechtliches