Cannabis abhängig? Cannabisabhängigkeit wird gerne von den meisten Konsumenten als eine Banalität abgetan, obwohl die wissenschaftlichen Fakten eindeutige Ergebnisse für Diese liefern. Wie ausgeprägt stellen sich psychische oder körperliche Abhängigkeiten dar? Welche Risiken Cannabis nun wirklich für eine Abhängigkeit aufweist und durch welche Prozesse diese entstehen lesen Sie nun in diesem Artikel.
Die Abhängigkeit von Cannabis, auch Cannabis use disorder genannt, bildet sich durch häufigen Konsum über einen langen Zeitraum aus und ist dann für den Konsumenten möglicherweise nicht immer eindeutig. Grundsätzlich gilt man nach dem DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) als potentiell abhängig, wenn mindestens zwei der folgenden Faktoren im Laufe der letzten 12 Monate auftraten.²¹
Wenn der Nutzer…:
Cannabis öfter in größeren Mengen oder über einen längeren Zeitraum als beabsichtigt einnimmt.
Anhaltende Wünsche oder erfolglose Versuche hat, den Cannabiskonsum zu reduzieren oder zu kontrollieren.
Viel Zeit mit Aktivitäten verbracht hat, die notwendig sind, um an Cannabis zu gelangen, Cannabis zu konsumieren, oder sich von dessen Auswirkungen zu erholen.
Ein Verlangen oder ein starker Wunsch oder Drang zum Cannabiskonsum verspürt.
Wiederkehrenden Cannabiskonsum vollzieht, der dazu führt, dass wichtige Verpflichtungen am Arbeitsplatz oder der Schule nicht erfüllt werden.
Anhaltenden Cannabiskonsum praktiziert trotz anhaltender oder wiederkehrender sozialer oder zwischenmenschlicher Probleme, die durch die Auswirkungen von Cannabis verursacht oder verschlimmert werden.
Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten auf Grund des Cannabiskonsums aufgibt oder reduziert.
Wiederkehrend Cannabis konsumiert in Situationen, in denen dies physisch gefährlich ist.
Den Konsum weiterführt trotz des Wissens um ein physisches oder psychisches Problem, dass auf Grund des anhaltenden oder wiederkehrenden Cannabiskonsums entstanden ist.
Eine Toleranz entwickelt, definiert durch einen der folgenden Punkte:
a. Ein Bedarf an deutlich erhöhten Mengen von Cannabis, um eine gewünschte Wirkung zu erreichen.
b. Deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetztem Konsum der gleichen Menge Cannabis.
Entzugserscheinungen entwickelt (psychischer oder physischer Ursache, s. unten).
Wird dem Körper eine giftige Substanz zugeführt, versucht er durch eine Gegenreaktion das gewohnte Gleichgewicht wiederherzustellen. Cannabis wirkt hier vor allem auf die im Gehirn befindlichen CB1-Rezeptoren und führt zu einer psychotropen Wirkung.¹⁻³ Bei der regelmäßigen Einnahme dieses Stoffes, reagiert der Körper mit einer Gegenregulation des Stoffwechsels.¹²Problematisch wird es nun, wenn dem Körper schlagartig dieses Gift entzogen wird. Da er sich an die Substanz gewöhnt hat, schießt die Gegenregulation in die Höhe und verschiedene Entzugserscheinungen können auftreten.¹²
Anders als oft behauptet wird, kann durch Cannabiskonsum eine leichte körperliche Abhängigkeit entstehen. Diese entwickelt sich bei der häufigen Einnahme über einen sehr langen Zeitraum. Denn durch den regelmäßigen und dauerhaften Konsum von Cannabis, entwickelt der Körper eine Toleranz gegenüber dem THC.¹³⁻¹⁵ Die Dosis muss dann aufgrund dieser Gewöhnung erhöht werden, um den gleichen Effekt auf den Körper zu erzielen.
Schließlich können auch bei Cannabis Entzugserscheinungen auftreten. Diese sind im Vergleich mit anderen Substanzen eher gering ausgeprägt. Ist der Betroffene körperlich von Cannabis abhängig, dann tritt häufig in den ersten Tagen der Abstinenz eine Unruhe auf und er fühlt sich leicht angeschlagen.¹¹ Starke Entzugserscheinungen wie bei Alkohol treten nur in extremen Ausnahmefällen auf. Unter die Symptome einer starken körperlichen Abhängigkeit fallen Magenschmerzen, Zittern, Schwitzen, Schüttelfrost und/oder Kopfschmerzen.¹¹
Die psychische Abhängigkeit äußert sich durch ein übermäßiges Bedürfnis, sodass der Konsum einer Substanz, zu einer lebensnotwendigen Handlung wird. Am Anfang geht es noch darum, das Wohlbefinden zu erhöhen. Im späteren Verlauf versucht der Betroffene das Unwohlsein durch den Entzug zu beseitigen. Dabei sind nicht nur Substanzen betroffen, sondern auch Verhaltensweisen, ähnlich der Spielsucht.¹⁷
Wenn das Mittel nicht vorhanden ist, kommt es häufig zu Entzugserscheinungen wie Stimmungsabfall, Unruhe, Schlafstörungen, Nervosität, Reizbarkeit bis hin zur Aggression und Depression. Auch der starke Drang nach der Substanz und der hervorgerufenen Wirkung können vermehrt in den Vordergrund treten.⁴⁻¹¹
In erster Linie ist die Gefahr, von Cannabis abhängig zu werden, psychisch bedingt, d. h. Cannabis verursacht Veränderungen der Gehirnkreisläufe die für Belohnung, Impulsivität, Zwanghaftigkeit und für Lernen und Gedächtnis wichtig sind.¹⁸⁻²⁰
Zusammengefasst werden die psychischen und teilweise auch physischen Symptome unter dem Begriff „Cannabis Use Disorder“ (ff. CUD), dieser ist Teil des DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders).²¹
Die Dosis ist diesmal nicht das Gift!
In der Regel ist die Regelmäßigkeit für eine aufbauende Toleranz ausschlaggebend und nicht die Dosis. Die Steigerung der Toleranz wird zudem nicht bei der einmaligen oder gelegentlichen Aufnahme von Cannabis erreicht.²⁴ Diese Toleranz hängt mit einer Überstimulation der CB1 Rezeptoren zusammen, die erst langsam wieder auf ihr Grundniveau sinkt.¹³⁻¹⁵ Verantwortlich hierfür ist das THC aus der Hanfpflanze. CBD hingegen, scheint bei einer häufigen Aufnahme keine signifikante Steigerung der Toleranz aufzuweisen.¹⁶ Deshalb ist CBD potentiell für die medizinische Anwendung über einen längeren Zeitraum geeignet.
Die Entzugserscheinungen von Cannabis in der Übersicht:
In Ausnahmefällen Schmerzen oder Schweißausbrüche
Der Entzug mindert das allgemeine Wohlbefinden und erhöht dadurch die Gefahr eines Rückfalls. Oben wurden einige Entzugserscheinungen im Zuge der Abhängigkeit genannt und sollen nun hier noch einmal zusammengeführt werden. Schlimmere Nachwirkungen, wie zum Beispiel Schmerzen oder Schweißausbrüche, kommen eher selten vor.⁴⁻¹¹ Am häufigsten sind Nutzer, nach der Entscheidung den starken Konsum einzustellen, tagsüber durch das Verlangen nach Cannabis belastet und können Probleme beim Schlafen bekommen. Aber auch Nervosität, Reizbarkeit bis hin zu ausgeprägten Aggressionen oder auch einer Depression sind möglich.⁴⁻¹¹
Ob und wie lange die Entzugserscheinungen auftreten, hängt stark von dem Konsummuster des Betroffenen ab. Prinzipiell lässt sich sagen das bei ca. 50 % der Betroffenen ein klassisches Cannabis-Entzugssyndrom entwickelt wird. Das bedeutet 1-2 Tage nach Beendigung des Konsums beginnt der Entzug, er erreicht seinen Höhepunkt nach ca. 2-6 Tagen und tritt nach 1-2 Wochen erneut auf.⁶ Anzunehmen ist das zu Beginn die Intensität der Symptome stärker ist und nach hinten eher abflacht.
In etwa ein Viertel (27,4 %) der 15 bis 64-Jährigen haben in Europa bereits einmal in ihrem Leben Cannabis probiert. Der Prozentsatz von Personen die im letzen Jahr konsumierten lag bei ca. 7,4 %. Das zeigen die Ergebnisse des europäischen Drogenberichts aus dem Jahr 2019.²² In etwa 17,5 Millionen junge Erwachsene zwischen 15 und 34 Jahre (14,4 %) konsumierten demnach mindestens einmal in den letzten 12 Monaten.²² Der Anteil junger Männer die konsumiert haben lag dabei fast doppelt so hoch wie der Anteil der Frauen. Zum Vergleich Frankreich lag in derselben Altersklasse bei einem Prozentwert von 21,8 %. Gesamt ist im europäischen Raum ein stabiler oder steigender Cannabiskonsum messbar.²²
In Europa wurden bisher keine Daten in Bezug auf Abhängigkeit erhoben, jedoch gibt es Zahlen aus dem Ausland die auf eine ähnliche Entwicklung in Europa schließen lassen. Als Beispiel ist der Anteil der täglichen Konsumenten in den Vereinigten Staaten von Amerika zwischen 2003 und 2014 erheblich gestiegen.²³ Eine Studie aus dem Europe Drug Report von 2018 deklariert im Gegensatz dazu eine gegenläufige Entwicklung. Nach deren Einschätzung ist das Neuauftreten von Cannabisabhängigkeiten zwischen 2005 (0,42 %) und 2017 (0,35 %) zurückgegangen.²³
Wichtig zu Wissen ist, dass sich das Mischen von Marihuana mit Tabak negativ auf eine potentielle Abhängigkeit auswirkt. Das starke Verlangen nach Tabak erhöht die Häufigkeit des Konsums und damit das Risiko abhängig zu werden. Oft verleitet Nikotin den Nutzer unbewusst zum Konsum von Cannabis. Deshalb stellt der Mischkonsum eine deutlich größere Gefahr für eine Abhängigkeit als auch für stärkere Entzugserscheinungen dar.²⁴
Rechtliches