Cannabis und seine Wirkung. In der Hanfpflanze wurden bisher 85 sog. „Cannabinoide“ entdeckt, die maßgeblich für die Wirkung von Cannabis sind. Unter die Cannabinoiden fallen auch die beiden bekanntesten Wirkstoffe THC und CBD.¹ Auch die in der Pflanze enthaltenen Terpene prägen nicht nur den Geschmack und Geruch, sondern bilden nachweislich eine Wirkung aus. Besonders in Verbindung mit Cannabinoiden, verstärkt sich diese enorm.² ³ Welche genauen Wirkmechanismen hinter diesen Stoffen stecken und welche Wirkungen dadurch zu erwarten sind erfahren Sie in diesem Artikel.
Tetrahydrocannabinol -eigentlich Delta-9-Tetrahydrocannabinol– (ff. THC genannt) ist zuständig für den psychotropen Effekt von Cannabis. Bindungsstellen für dieses Cannabinoid wurden vor allem im Gehirn gefunden.¹ Das erklärt auch die besonders starke Wirkung auf das Bewusstsein.⁴ THC verändert aber nicht nur das Bewusstsein, sondern ist auch bekannt für seine appetitanregende Eigenschaft. Im Gehirn werden Rezeptoren durch THC aktiviert, was den Ausstoß von Ghrelin⁵ zufolge hat. Dieses Hormon kontrolliert das Hunger-empfinden beim Menschen.⁶ ⁷ Außerdem hat es positive Effekte gegen Übelkeit und Erbrechen, insbesondere bei Chemotherapie-induziertem Erbrechen.²⁷⁻²⁹
Seit 1980 hat sich die Konzentration von Tetrahydrocannabinol durch gezielte Züchtung deutlich erhöht. Während qualitativ hochwertiges Marihuana Werte von 12-25 % aufweisen kann, wurde unkontrolliertes Marihuana im Durchschnitt mit 7-9 % THC getestet. Beim Menschen wird eine Psychoaktivität durch THC hervorgerufen, wenn die Dosierung etwa 0,01 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht beträgt.⁸⁻¹⁰
Cannabidiol ist bei den meisten Blüten mit einem Wert von 1-4 %, das am zweithöchsten konzentrierte Cannabinoid in der Hanfpflanze nach THC.¹¹ Es wirkt nicht psychoaktiv und schwächt sogar die Wirkung von THC, indem es Rezeptoren blockiert (kompetitive Hemmung).¹² Damit ist auch der Besitz zum Eigenbedarf in Deutschland erlaubt.
Bei Tier- und anderen Forschungen an CBD wurde herausgefunden, dass es vor allem bei der Anwendung gegen Entzündungen positive Ergebnisse zeigt.¹²⁻¹⁶ Daneben ist es ein potentieller Schmerzkiller bei Nervenleiden oder anderen Beschwerden, insbesondere bei chronischen Krankheiten.¹⁶⁻²¹ ¹³Außerdem hat es einen positiven Effekt gegen Angstzustände.²²⁻²⁵ Allgemein kann ein gewisses „High“ im Sinne von einer beruhigenden Wirkung auf den ganzen Körper wahrgenommen werden.
Die Datenlage über die Wirkungen von CBD ist aktuell noch relativ überschaubar, weshalb die Informationen noch mit einer gewissen Vorsicht genossen werden sollten. Weitere klinische Studien werden eine gefestigte Aussage bald möglich machen.
Exkurs
Die Konzentration und Zusammensetzung der Wirkstoffe von Cannabis sind individuell. Somit entfaltet jede Sorte seine eigene Wirkung und seinen eigenen Geschmack. Neben THC und CBD besitzt Cannabis weitere Cannabinoide. Diese liegen in deutlich geringeren Mengen vor, haben aber ebenfalls eine Wirkung auf den menschlichen Körper. Die Forschung um diese weiteren bioaktiven Stoffe ist jedoch noch nicht ausgereift. Neben Cannabinol (CBN) sind CBT, CBND, CBG, CBC, CBL und CBE weiter nennenswerte Cannabinoide.²⁶
Dem menschlichen Körper sind die pflanzlichen Cannabinoide, die Phytocannabinoide, nicht fremd, da er selbst ähnliche Botenstoffe produziert. Diese werden Endocannabinoide genannt und sind für die Regulierung von gängigen Körperfunktionen, wie dem Appetit, der Stimmung, dem Schlaf oder auch dem Schmerzempfinden, zuständig.⁴⁶ Dadurch, dass der Mensch eigene Cannabinoide herstellt, muss er diese auch verarbeiten können. Dafür sind im ganzen Körper zugehörige Rezeptoren verteilt.⁴⁵
Die beiden Bekanntesten sind der Cannabinoid Rezeptor Typ 1 (CB1) und der Cannabinoid Rezeptor Typ 2 (CB2). Es existieren noch weitere Rezeptoren mit geringerer Effizienz, wobei alle bereits genannten, nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip funktionieren. Sie koppeln an G-Proteine und folglich entsteht eine natürliche Kettenreaktion.⁴⁵
In der Gesamtheit spricht man auch von dem Endocannabinoid-System, dass erst durch die Erforschung der Wirkung von Cannabis entdeckt wurde. Nicht nur der Mensch besitzt diese Rezeptoren, sondern auch andere Säugetiere, Fische, Vögel und sogar Reptilien.
THC wirkt auf den bekannten Cannabinoidrezeptor CB1. Dieser befindet sich überwiegend im zentralen Nervensystem und führt in Verbindung mit THC zu einer Bewusstseinsveränderung.[4] Trotz alledem wurden Typ 1 Rezeptoren auch in geringem Maße im Magen-Darm-Trakt, den Schilddrüsen, den Nebennierendrüsen und den Fortpflanzungsorganen nachgewiesen.⁴⁷
Cannabidiol wirkt nur am Rande auf die CB1- und CB2-Rezeptoren. Die CB2-Rezeptoren sind überwiegend auf den Zellen des Immunsystems verbreitet, aber auch in geringen Mengen im Gehirn. Es gibt sogar Hinweise das CBD eben diese Rezeptoren inhibieren kann.⁶¹ Potentiell hat CBD deshalb die Fähigkeit negative Effekte von Cannabis auszukontern, um somit beispielsweise negativen psychischen Nebenwirkungen entgegenzuwirken.⁶⁶ Durch Aktivierung dieser Bindungsstellen, treten regulative Reaktionen des Immunsystems ein, welche helfen Entzündungen und damit zusammenhängende Krankheiten zu mindern.⁴ Die Auswirkungen hängen zusammen mit bestimmten Immunzellen im Kopf, den sogenannten Gliazellen.⁴ Allerdings scheint es mit einer Vielzahl an anderen Rezeptoren zu interagieren. Einen der wichtigsten in diesem Zusammenhang stellt der sogenannte TRPV1-Rezeptor, der unter anderem an der Schmerz- und Stressreaktion beteiligt ist.⁴⁸⁻⁵⁰ Außerdem sind die Rezeptoren GPR55⁵⁴, 5HT1-alpha⁵¹ ⁵³ und Adenosin A2A⁵² zusätzlich an der Wirkung beteiligt, die auf verschiedene Weise bei Entzündungen, Schmerzen, Angstzuständen und sogar potenziell bei Krebs helfen können. Auch nicht-rezeptorabhängige Faktoren, ausgelöst durch die Interaktion mit Terpenen, können oben genannte Effekte hervorrufen.⁶⁴
Durch die wissenschaftliche Forschung kristallisiert sich immer stärker heraus das THC, CBD und auch die anderen Cannabinoide am besten in Synergie bzw. als Kollektiv wirken, d. h. am effektivsten sind die oben genannten Effekte immer in Kombination mit den anderen Cannabinoiden. Dieses Phänomen wird auch als „entourage effect“ bezeichnet und ist logischerweise bei Konsum der klassischen Cannabispflanze sehr ausgeprägt.⁵⁶ ⁶⁴Jedoch ist zu sagen das es dadurch auch zum Teilweise unerwünschten „High“ kommt, was manche Patienten bei Dauermedikation in ihrem Leben einschränken und bei anderen sogar das Risiko einer Psychose erhöhen kann.⁵⁵ Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Cannabinoide für sich genommen keinerlei Wirkung entfalten, der Effekt ist nur geringer als der in Kombination.
Bei einer Untersuchung von Marihuana und der Gewöhnung an THC zeigte sich, dass der kontrollierte Konsum von zweimal pro Monat kaum Auswirkungen in Form einer Toleranz aufweist. Die regelmäßige Einnahme von Marihuana bringt jedoch eine Gewöhnung an THC mit sich.⁵⁷ ⁵⁹
Dabei unterscheiden sich die Auswirkungen auf die beiden Rezeptoren CB1 und CB2. Während der Einfluss auf die CB2 Rezeptoren vernachlässigbar gering ist ⁶², baut sich bei langfristiger und häufiger Überstimulierung der CB1 Rezeptoren eine Toleranz auf.⁶⁰ Diese äußert sich auf molekularer Ebene, indem der CB1-Rezeptor auf Grund der Stimulierung von der Zelle absorbiert wird. Dies wiederum führt zu einer Herabsetzung der CB1-Rezeptor Anzahl, die sich jedoch nach 4 Wochen nach Absetzen wieder normalisiert.⁵⁸
Dass bedeutet im Klartext:
Die psychoaktive Wirkung von Cannabis lässt bei regelmäßiger Nutzung nach und verleitet eventuell zu höherer Dosierung. Allerdings ergibt sich ein hoher therapeutischer Nutzen für die Wirkung der Hanfpflanze auf den CB2-Rezeptor, weil dort die Dosierung auf lange Zeit gleich bleiben kann.
Der psychotrope Effekt von Cannabis kann bei einer Überdosierung schnell zu Unwohlsein, Angst oder selten zu Psychosen⁵⁵ führen.⁶³ Die Wirkung in kurzer Zeit zu stoppen ist noch nicht möglich. CBD hingegen besitzt eventuell die Fähigkeit, die CB1 Rezeptoren an denen THC angreift zu blockieren.⁶¹ Vorbeugend könnte CBD also die psychotrope Wirkung von THC unterbinden und die Gefahr einer negativen Erfahrung minimieren.
Diese ist bei manchen Terpenen sogar nachweislich psychoaktiv und kann den Ausstoß verschiedener Neurotransmitter, wie z. B. Dopamin und Serotonin, beeinflussen. Weitere bekannte Wirkungen sind eine Verbesserung der Gehirnleistung, ein schmerz-, pilz- und entzündungshemmender Effekt, ein antibakterieller Effekt, und der Schutz vor Krebszellen.⁶⁴ In Verbindung mit Cannabinoiden, wird Terpenen eine gegenseitige Verstärkung nachgesagt, da sie beispielsweise die Durchlässigkeit von THC zum Gehirn beeinflussen können. Einige nennenswerte Pflanzenstoffe sind Myrcen, Limonen, Pinen, Caryophyllen und Linalool.⁶⁴
Rechtliches